Mittwoch, 27. August 2008

Neu und Geil: ein follow-up

Die Aufsichtsbeschwerde eines Anwohners wegen der Strassensperrung für das grosse panzerdefilee (siehe unten) ist noch hängig. Die Panzerbrigade 11 ist heute morgen jedenfalls unter patriotischem Freudengeheul von 4000 Zuschauern (oder genervtem Gejammer von 4000 Winterthurern, die nicht zu ihrer Stammbeiz durchkamen wegen der scheisspanzer, interpretationsspielraum)durch Winti paradiert. Die Übung, zu deren Abschluss dieser wahre Triumphzug, der an die besten Zeiten Cäsars nach seinem gloriosen Massaker an den Karnuten (...Bald auch: Putins nach seinem gloriosen...) gemahnte, war laut dem Kommandanten, Brigadier Hans-Peter Kellerhals ein Erfolg. "Die Übungsziele seien weitgehend erreicht worden und die Truppe habe für die Erfüllung ihres Kernauftrags Verteidigung einen angemessenen Ausbildungsstand erreicht. " Soweit die entsprechende Medienmitteilung. Sollte der Russe sich mal bis zu uns durchschlagen, wir brauchen uns nicht zu fürchten, freue ich mich da, Hans-Peter Kellerhals und seine Panzerbrigade steht allzeitbereit, zumindest sofern grad WK ist.
Ebenso froh scheint die Armee darüber zu sein, dass der Landschaden, den die Übung verursacht hat, lediglich 110'000 Franken betrage, zumindest "nach bisherigen Erkenntnissen."
Ist das eigentlich im VBS-Budget drin? Diese ganzen Landschäden, die hier dauernd produziert werden? Und, andere Frage, wieviel Landschaden hätte der Russe hinterlassen?

Freitag, 22. August 2008

Ein schlechter Tag beim Infodienst der Armee

Es ist ein schlechter Tag beim Informationsdienst der Armee. „Immer nur Nef, Nef, Nef, Unfälle, Tote und durchgeknallte Offiziere“, wettert der Chef, nennen wir ihn Oberst Hans Müller. „Und dementsprechend landen wir in den Schlagzeilen! Sogar Robert Mugabe hat unterdessen ein besseres Image als wir! Das kann so nicht weitergehen!“ In Müllers Gesicht stehen weitere Ausrufezeichen. Seine Mitarbeiter drucksen an ihren Schreibtischen herum, man kann sie innerlich pfeifen hören. Doch Müller lässt sich von der gespielten Apathie seiner Untergebenen nicht beeindrucken. „Wir brauchen positive Schlagzeilen! Good News!“, peitscht er durchs Grossraumbüro. Totenstille schlägt ihm entgegen. „Ich will Ideas! Mittags um zwölf will ich ein Konzept auf meinem Bürotisch! An die Arbeit! Klar!?“, schreit er, verlässt das Grossraumbüro, wo die Infanterie an ihren Computern sitzt und knallt die Tür zu seinem Chefbüro zu, das er liebevoll „Kapo“ nennt.

Ratlos schauen sich die vier Mitarbeiter an. Informationsleutnant Meyer ergreift als ranghöchster die Initiative. „Ok, setzen wir uns an den Sitzungstisch, Olli, bring Kaffee.“ Während die Maschine rattert macht Meyer ein erbostes Gesicht. „Wie wenn wir irgendwas dafür könnten!“ sagt er in die betretene Runde. Rutishauser, der dienstälteste der Truppe aber bleibt unverzagt. „Machen wirs doch einfach wie früher. Wir zünden im Tessin irgendeinen Wald an, die RS vom Monte Ceneri und unsere Superpumas können ihn löschen. Die Armee ist wieder der gute.“ Meyer kuckt skeptisch. „Nah wir brauchen mal was neues. Etwas, das auch die Kernkompetenz der Armee irgendwie ins Zentrum stellt. Denkt an Georgien.“ Damit kann nun gar niemand was anfangen. Georgien? Da meldet sich Kellerhals. „Mein Bruder, der hat ja jetzt dieses Manöver durchgeführt mit einer Panzerbrigade, da könnt man doch was machen. So Eventmässig.“ So richtig zufrieden war Meyer natürlich nicht. Aber viel mehr kam in den nächsten zwei Stunden auch nicht mehr. So oder so ähnlich muss es da zugegangen sein, bevor am Nachmittag des selben Tages folgende Pressemitteilung versandt wurde:

Sehr geehrte Damen und Herren,
Nächste Woche führt die Panzerbrigade 11 im Grossraum Zürich-Thurgau-Schaffhausen eine grosse Volltruppenübung durch.
Zum Abschluss dieser Übung präsentiert sich die Truppe anlässlich eines Vorbeimarsches in Winterthur der Bevölkerung: Mehr als 1200 Soldaten, 140 gepanzerte und 200 Pneufahrzeuge kommen zum Einsatz.
Zu diesem Vorbeimarsch laden wir Sie im Namen des Kommandanten der Panzerbrigade 11, Brigadier Kellerhals, gerne ein. Die Einzelheiten entnehmen Sie bitte der Anlage.
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Bitte halten Sie sich an den Anmeldetermin (Montag, 25.8.2008, 13.00 Uhr; die rechtzeitige Zustellung der Gästekarte fürs Parken und die Anzahl Mittagessen hängen davon ab). Besten Dank.
Wir freuen uns, Sie in Winterhur zu treffen!
Freundliche Grüsse
Daniel Reist
Informationschef Heer


Heissa! Das gibt noch Schlagzeilen!

Mittwoch, 20. August 2008

Provozieren mit Saufen? Wie denn sonst!

"Provozieren mit Saufen", kommentiert der Tagi. Denn ein neues Schreckgespenst geht um: Botellones. Der aus dem sonnigen Spannien stammende Brauch, sich draussen in Massen zu betrinken, schwappt in die Schweiz über. Und kaum gab's in Genf mal einen mit ein paar Besuchern, wird's zum Medienereignis. Kurz darauf werden in weiteren Schweizer Städten entsprechende Veranstaltungen angekündigt. Die Politik ist natürlich dagegen. Die Zürcher Stadträtin Esther Maurer, die auch die Streetparade verbietbar findet, wills prompt verbieten. Wie geht das? Wie verbietet man eine Vernastaltung, die's offiziell nicht gibt? Wie hindert man hunderte bis tausende von Leuten, die sich gerne im Park gemeinsam einen antrinken, an ihrem schändlichen tun? Mit Verordnungen? Mit nachdrücklichen Äusserungen in der Presse?

Dabei hat man sich die Sache selber eingebrockt. Seit einigen Jahren gerät die Jugend unter Beschuss. Und zwar wegen dem Saufen. Auch wenn die SFA kürzlich wieder festgestellt hat, dass die heute fünfzehnjährigen weniger trinken, als noch vor fünf Jahren, weiss jeder: Die Jugend ist dauernd am Komasaufen. Das muss aufhören!
Deshalb kriegt man nach neun an Bahnhöfen kein Feierabendbier mehr, deshalb denkt man sich allerlei Verbote und Massnahmen aus, wie man die Jugend am Saufen hindern könnte. Und dann wundern sie sich, wenn die Jugend sagt: Klar, wir saufen.
Erstens wird das von ihnen erwartet, zweitens haben sie ja keine andere Wahl. Wie sollen sie sonst rebellieren. Wirre politische Ansichten? Eltern hätten gerne, hätten ihre Kinder mal ein paar solche, wie einst sie selber, damals in den 70ern. Sex vor der Ehe? gibt's überhaupt noch andern? Musik, die Eltern nicht als Musik erscheint? Stösst bei altrockenden Eltern auf vollstes Verständnis. Bizarre Mode? trägt morgen deine junggebliebene Tante. Drogen? Dein Onkel kennt LSD-Geschichten, da geht dir der Kinnladen runter.
Aber das Saufen. Da scheint man sich noch richtig aufzuregen. Also säuft die Jugend. Man stoppe sie mit Polizeigewalt! So ein bisschen Gummischrot und Tränengas macht eine Rebellion erst richtig authentisch.

btw. In St.Gallen brauchen wir auch einen Botellon. Kann ja nicht sein, dass wir schon wieder hinter allen andern Schweizer Städten hinterherhinken. Fühl mich aber zu alt, um zu einem aufzurufen, um dann wieder den Schwanz einzuziehen. Aber trotzdem, wo sind die jungen Rebellen?

Montag, 18. August 2008

Backfire

Die USA und Polen haben sich endlich geeinigt. Die Amerikaner können ihr Raketenabwehrsystem in Polen aufbauen. Die Polen waren erst noch dagegen. Denn sie wollten, dass die Amis nicht nur das Abwehrsystem gegen Langstreckenraketen von Schurkenstaaten in Polen stationieren, sondern auch eine anständige Batterie Patriot-Abwehrraketen, und ein paar gegenseitige Verteidigungszusicherungen. Die Amis wollten das nicht. Denn während das Radar-und-Raketen-System nicht gegen Russland gerichtet wäre - dazu wäre es zu mickrig und zu nah an Russland, trotz aller gespielter russischer Empörung - die Patriots und die Verteidigungszusicherungen wären dies sehr wohl.
Jetzt, da die Russen zeigten, was sie so von Friede, Freude und Eierkuchen halten, scheint die Rücksicht auf russische Sensibilitäten bei den Amis nicht mehr so gross zu sein. Die Patriots gehen nach Polen und das Raketenabwehrsystem auch.
2 Punkte gegen sie, wir zählen weiter.

Donnerstag, 14. August 2008

Schwarze Madonna?

"Dabei hat sich Madonna beinahe alles erlaubt, was die Karriere eines Pop-Stars innert Kürze ruinieren könnte: Sie beleidigte den Vatikan und die katholische Kirche, brachte Rabbis auf die Barrikaden, wetterte gegen den amerikanischen Präsidenten, schrieb abscheulich schlechte Texte, spielte in drittklassigen Filmen, küsste Britney Spears auf den Mund, setzte sich über Adoptionsgesetze in Malawi hinweg, verklagte ihre Schallplattenfirma, Zeitschriftenverleger und Filmproduzenten. Und doch perlen Skandale, Affären und Fehltritte von ihr ab wie Wasser von einer Regenpellerine."

schreibt Roman Elsener heute im Tagblatt. Moment mal. "was die Karriere eines Pop-Stars innert Kürze ruinieren könnte"?????? Falsch! Ohne zumindest zwei Items aus der Aufzählung kann man überhaupt gar nicht Pop-Star werden!
Vatikan beleidigen? Komm schon. Macht doch jeder! Da gibt's hunderte von Musikern, die ohne ein bisserl Majestätsbeleidigung keine Sau kennen würde. Oder hat irgendwer die Sex Pistols wegen der Drei Akkorde gehört?
Gegen US-Präsidenten wettern? Macht doch heute schon jede bessere Dorf-SpassRap-Combo.
abscheulich schlechte Texte? Ja worauf baut sich denn der Ruhm von Rammstein?
In drittklassigen Filmen spielen? Macht jeder mal! Schallplattenfirma verklagen? Komm, das hat doch schon prince gemacht. Britney Spears küssen? Kennt Ihr Justin Timberlake? der habe sie sogar...

Fest, gekürzt

Es herrschen schlechte Zeiten für Nachtschwärmer. Grade noch Glück gehabt hat die Streetparade. Die Zürcher Stadträtin Monika Stocker stellte eine Bewilligung für nächstes Jahr in Frage. Zu viel Alkohol und eine aggressive Stimmung gefährdeten ihrer Meinung nach das Traditionsereignis. Dieses hatte reagiert. Kein harter Alk mehr der Strecke entlang, keine Freiluftparties mehr, einst das Herz der Parade. Jetzt sehe es gut aus für eine Bewilligung im nächsten Jahr.
Beim Feste vermiesen nicht hintanstellen will sich natürlich die Stadt St.Gallen. Der steht dieses Wochenende das traditionelle Stadtfest bevor, und auch dieses Jahr soll es wieder zahmer werden. Früher, hab ich irgendwie im Gefühl, dauerte das St.Gallerfest noch etwas länger. Mit den Schliesszeiten der Bars in den Gassen der Altstadt nahm man es nicht so genau, es war durchaus möglich, es bis gegen vier draussen auszuhalten. Schon letztes Jahr war’s irgendwie kürzer. Jetzt solls noch kürzer werden. Freitags soll um eins Schluss sein, Samstags um zwei. Eigentlich habe man noch früher schliessen wollen, schreibt das Tagblatt, nur leider habe man das in den Verträgen mit den Standbetreibern nicht vermerkt. Also erst nächstes Jahr noch kürzer. Wenn das so weitergeht kann man in ein paar Jahren am St.Gallerfest grad noch eine Bratwurst zum Znacht essen, dann ist Schluss, um zehn ist ja Nachtruhe. Da fällt mir grad ein, am letztjährigen Strassenfest in Amriswil, eine ähnlich gelagerte, aber viel kleinere Veranstaltung in einem schröcklichen Kaff, durfte man Freitags bis zwei draussen saufen, Samstag war Freinacht.
Ausserdem sollen auch die Lautstärkeregelungen konsequenter durchgesetzt werden. 93 Dezibel heisst die Limite, jeder Stand mit Lautsprecheranlage kriegt eine Blackbox, die die Lautstärken aufzeichnet. 93 Dezibel, draussen, in einer Masse von schnatternden Menschen. Von wo aus messen die das? An den Boxen? Müsste fast, denn in der Mitte des zu beschallenden Areals, wo geredet, geschrien und gelacht wird, wird es schwierig, die Musik noch rauszuhören. Jedenfalls: „Schlägt ein DJ Freitagnacht über die Dezibelstränge, wird dem Betreiber für Samstag die Musik-Bewilligung entzogen“. Wenn Ihr einen Betreiber nicht mögt, Leute. Steht auf seinen Platz und schreit rum. Dann gibt er am Samstag Ruhe… Oder zieht nächstes Jahr nach Amriswil, wo wir dann zwangsläufig auch hingehen, weil in St.Gallen nur noch Bratwurststände in gähnender Stille rumstehen.