Mittwoch, 28. November 2007

Gone, Daddy, Gone


„Hegel bemerkte irgendwo, dass alle grossen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“ Diese zwei Sätze stehen am Anfang von Marx’ „achtzehnten Brumaire des Louis Bonaparte“ aus dem Jahre 1852, über den Staatsstreich von Napoleon III ein Jahr vorher. Sie sollen nun auch diesen Post einleiten, bald seht Ihr weshalb.

„Musharraf Quits Pakistani Army Post“


Titelt NYTimes.com heute morgen. Musharraf zieht tatsächlich die Uniform aus und überlässt die Armeeführung seinem Nachfolger Ashfaq Pervez Kayani. Morgen Donnerstag soll er seinen Eid für eine weitere Amtszeit als Präsident Pakistans ablegen. Im Januar sollen demokratische Wahlen stattfinden.

Spulen wir zurück – ziemlich genau 20 Jahre, in die letzten Züge der Militärdiktatur Zia ul-Haqs:
On May 29, 1988, President Zia (ul Haq) dissolved the National Assembly and removed the Prime Minister under article 58(2) b of the amended Constitution. (…) After eleven years, General Zia-ul-Haq once again promised the nation that he would hold fresh elections within the next ninety days. The late Zulfikar Ali Bhutto's daughter Benazir Bhutto had returned from exile earlier in 1986, and had announced contesting the elections. With Benazir's popularity growing, and a decrease in international aid following the Soviet withdrawal from Afghanistan, Zia was trapped in a difficult political situation. (Wikipedia) Und jetzt? Nach ein Paar Jahren Scheindemokratie (wie unter Zia), stehen freie Wahlen an – in den Startlöchern stehen Bibi Bhutto und Nawaz Sharif – die gleichen Köpfe wie zwanzig Jahre zuvor. Die gleichen Köpfe, die sich in den 11 Jahren pakistanischer Demokratie bis zu Musharrafs Staatsstreich am Premierposten abgewechselt hatten. Jeder von ihnen durfte zwei Mal kurz ran, bis sie von den amtierenden Präsidenten – meist dem Militär nahe stehend – jeweils wieder abgesetzt wurden, um dem andern Platz zu machen. In den 11 Jahren ihrer Regierungen verkam der zivile Staat und die demokratischen Institutionen derart, dass die Pakistaner Musharrafs Coup mit Erleichterung hinnahmen: Kaum eine Institution funktionierte noch, bis aufs Militär, das zeitweise die Verwaltung in einigen Städten auszuführen hatte.
Es steht zu befürchten, dass Nawaz Sharif und.Bibi Bhutto mit ihren jeweiligen Parteien, der PML(N) bzw. der PPP, das Spielchen wiederholen dürfen, denn Alternativen sind kaum in Sicht. Musharrafs Phantompartei PML(Q) ist zwar zur Zeit stärkste Partei, ob sie aber in echten Wahlen überlebt, darf bezweifelt werden. Die Islamisten sind weder besonders nett noch stark, und der in letzter Zeit gerne mal erwähnte ehemalige Cricket-Star Imran Khan hat mit seiner Pakistan Tehreek-e-Insaf gerade mal 1 Sitz im aktuellen Parlament – keine breite Basis, von der aus die Etablierten anzugreifen wären.

Alle historischen Ereignisse finden zwei Mal statt. Das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce. Hoffen wir, der Spruch ist falsch – oder aber, dass wir was zu lachen haben, bei der Farce.
Der Herr Chaudhry bleibt deshalb zumindest vorläufig Typ der Woche (unterdessen in der vierten Amtszeit)

Dienstag, 27. November 2007

Argumente für Frühenglisch (I)

gesehen, auf einer Bank in Arbon:



Ich geb's zu, ob's "Argumente für Frühenglisch (II)" geben wird, weiss ich noch nicht...
...Aber das ist wirklich ein gutes. Ausserdem: Es ist ja nicht nur das Englisch. Es ist ganz grundlegendes Wissen, das unser Schulsystem offensichtlich nicht mehr zu vermitteln in der Lage ist: Geschlechteridentitäten zum Beispiel

Donnerstag, 22. November 2007

Das kleine Arschloch, der Alte Sack, und andere Höhepunkte des Kapitalismus

Folgender Text kam eben per e-mail rein. Herr Müller (Name von der Redaktion geändert) schreibt:


Sehr geehrte Damen und Herren
Ich bin 93 Jahre alt und praktisch zu 100% blind. Deshalb kündige ich das Abonnement des Tagblattes per 31. Dezember 2007.

Es ist ja irgendwie nachvollziehbar, dass ein Blinder keine Zeitung mehr lesen will, ist es auch noch so eine schöne, gute wie unsere ;-). Aber um Himmels Willen: Für einen 93-jährigen ist der Mann sehr fit! Er schreibt e-mails auf einem Computer, den er - laut eigenem Bekunden - eigentlich kaum noch sieht.
Schreibt ihm die Spitex-Schwester seinen e-mail Verkehr? Oder ist sie nur angepisst, weil sie dauernd Altpapier zusammenbinden muss, meldet sich bei bluewin unter falschem Namen an, und kündigt das Abo?
Sollte letzteres der Fall sein, ist es eine ziemlich dumme Spitex-Schwester. Sie hätte doch wenigstens genaue Angaben zu vollständigem Namen und/oder Adresse machen müssen. Der Nachname des lesefaulen Tattergreises allein hilft dem ABo-Service kaum sehr weit (vor allem Müller (Name von der Redaktion geändert)) - Schwester Maya (Nennen wir sie der einfachheit halber so) wird noch lange Altpapier binden müssen.

Montag, 12. November 2007

kleine gangster, kleine straftaten

hier eine polizeimeldung von meiner lieblingspolizei, derjenigen von konstanz:

Sparschwein geklaut – Zeugenaufruf
Konstanz Am Mittwochabend, gegen 18.15 Uhr, wurde ein Sparschwein in den Eingangsräumlichkeiten einer Tanzschule in der Markgrafenstraße entwendet. Das Sparschwein diente als Trinkgeldkasse. Verdächtigt werden zwei Jugendliche im Alter von 14 bis 15 Jahren. Der eine war komplett schwarz gekleidet und zirka 1,50 cm groß. Der zweite Täter war mit einer blauen Trainingsjacke, einer schwarzen Hose sowie einer weißen Mütze bekleidet. Hinweise bitte an die Polizei Konstanz, Telefon 07531/995-0.

14 Jahre: Klar, in dem Alter hält man das Sparschwein noch für ein lohnendes Klauobjekt. Sobald sie etwas älter werden, wird sich das schon geben, und ihr sinn steht nach höherem: Bankraub, Massenvergewaltigung, zum Islam konvertieren, Selbstmordanschlag (bei letzterem Verbrechen ist die Rückfallrate übrigens sehr niedrig, bislang wurden noch keine Wiederholungstäter bekannt)

Chinesen: Jetzt wollen sie Kiffern an den Kragen


(Chinese Ching-Hwa-Xue: hinter seinem Lächeln verbirgt sich das Böse)

Heute las ich im .ch, der neuen, äusserst schwer auffindbaren Gratiszeitung, folgende Schlagzeile: "Drogen: Alarm wegen verseuchtem Cannabis"
Angstschweiss trat auf meine Stirn, und das schon morgens um acht: Verseuchte Drogen, und dann noch Cannabis. Ich fühlte mich sofort betroffen, und merkte: ich bin die Zielgruppe dieses Artikels.
Darum geht es aber natürlich gar nicht. Weiter im Text steht nämlich: "Mit Blei verseuchter Cannabis verunsichert deutsche Gelegenheitskiffer ... " Mit Blei verseucht!
Und da fällt niemandem etwas auf? Mit Blei! Damit versuchen die Chinesen doch bereits, unsere Jüngsten mittels Spielzeug zu vergiften. Ihr niederträchtiger Plan aber scheiterte, die hochsensiblen Kontrollorgane des Westens zwangen die chinesischen "dirty toys" zum Rückzug - doch die Chinesen lassen nicht locker!
Sie haben die Lücke gefunden: Illegale Produkte werden von keinen Importkontrollstellen getestet, also schicken sie ihr Blei im Hash zu uns. So erreichen sie zwar nicht die Jüngsten, aber die zweitjüngsten, die Pubertierenden, die, dies nicht lassen können und zwar die schlaueren, glaubt man dem "Kiffen macht schlau"-Artikel, der kürzlich in einer anderen Gratiszeitung erschien. Damit sind sie einen Schritt näher an der Weltherrschaft!
Die Gelbe Gefahr, sie wiegt schwer wie Blei auf unseren Lungen!
Bambule

Dienstag, 6. November 2007

Zum Typ der Woche

Jetzt sitzt er unter Hausarrest, der ehemalige oberste Richter Pakistans. Abgesetzt, bereits zum zweiten Mal. Dieses Mal wohl, leider, erfolgreich. Beim letzten Versuch gab es in Pakistan schon spassig wirkende Szenen: Hunderte von Anwälten in den besten Anzügen Pakistans lieferten sich Strassenschlachten mit der Polizei.
Die wirken mikrig, im Vergleich zu dem, was in den letzten Tagen im "Land der Reinen" so abging. Um den unbequemen Richter endlich mundtot zu machen, waren drastische massnahmen notwendig. zwei sehr spassige titel dazu:
"pakistans präsident errichtet diktatur" titelt das deutsche "Handelsblatt", und laut dem Titel der "thurgauer zeitung" wurde die "demokratie ausser kraft gesetzt".
Eine diktatur in pakistan einführen, war natürlich bereits wie eulen nach athen tragen.
jedenfalls: der herr chaudhry hat respekt verdient. mehr jedenfalls als bibi bhutto, die vor lauter machtgeilheit mit dem perversen musharraf in die kiste wollte. na ja, mal kucken was sie jetzt macht...
http://www.dawn.com/2007/11/06/top5.htm

Freitag, 2. November 2007

Mit Martina, Patty und Roger im Club

„I take forty, love,“ sagt Roger. „Forty millimeter, weißt du. Dann geh ich ab wie ein Racket.“ Unbeeindruckt von dem Gewitzle packt Patty hastig das Minigrip aus. „Pass auf Roger, du schlägst wieder über die Linie. Ich kann mich noch an deinen Aufschlag in Paris erinnern. Den auf den Boden des Ritz. Der war eindeutig härter als der gegen Nadal am Vortag.“ Roger scheint sichtlich genervt. „Jaja, Patty, sei du nur still. Ich kann mich noch an deinen Auftritt in Monaco erinnern. ‚Ich spiele gut auf Rasen,’ jaja. In zwei Sätzen deklassiert, auf zwei Gram Gra…“ Die Tür klappt knapp vor Rogers Nase zu. „Jetzt hört mal mit dem Zänkern auf“, gerade ist Martina herein gekommen. „Seid ihr Ready?“ Patty ist tatsächlich ready. Drei weisse Linien zeichnen sich gegen den Eierfarbenen Toilettendeckel ab, im Schummerlicht schwer zu erkennen. „Ich mach den ersten Satz“, sagt Martina. Ihr gehetzter Gesichtsausdruck eröffnet tiefe Einblicke in ihre gemarterte Seele. „Ich brauch dringend ‚nen Punktgewinn.“ Sie kniet nieder und schnieft das Pulver in einem Zug durch eine Zehn-Pfund Note hoch. „Aaaaaaaaaaaahhhh“, macht sie. „Ich hab morgen noch ne PK, irgendwas wegen Doping. Hhhnnfff.“ Sie hat einiges hoch zu ziehen. Roger steht immer noch neben der Klotür, schaut gierig auf den Toilettendeckel. ‚Center Court’, steht in silbernen Lettern drauf, der Name seines Lieblingsclubs in Wimbledon. Der Ort an dem er sich befindet. Er fühlt sich gut, er will sich noch besser fühlen. Er versucht nieder zu knien, irgendwas hält ihn zurück, schnürt ihm die Kehle zu. Seine Krawatte hat sich in der Tür eingeklemmt. Gierig reisst er, er darf diese Linie nicht verpassen. „Ratsch“. Sein Kopf knallt auf den Deckelrand, die Linien zerstieben. Er guckt seine Krawatte an, bzw. den Rest davon. Patty macht wieder ihr schnippisches Gesicht. „Tie-Break.“