Die Sozialdemokraten müssten sich zurzeit eigentlich im stillen Kämmerchen beraten. Den Kopf zerbrechen darüber, weshalb sie spätestens seit den Zürcher Kantonsratswahlen 2007 nur noch von Katastrophe zu Debakel eilen. Liest man sich durch die neuste Ausgabe des Parteiblättchens „links.ch“, erhält man aber den Eindruck, dies sei keineswegs notwendig, im Gegenteil: Die SP sei vielmehr auf dem richtigen Weg.
Thomas Christen zum Beispiel macht sich im Editorial schon mal an die grosse Umdeutung. In St.Gallen habe weder die SP verloren, noch die SVP gewonnen, so der Generalsekretär. Er vergleicht die Resultate mit denen der Nationalratswahlen im Oktober und triumphiert: Die SP hat ganze 0.5 Prozentpunkte dazu gewonnen, die SVP ein eigentliches Debakel erlitten: Sechs Prozentpunkte weniger notiere Tonis Sturmstaffel an den Kantonsratswahlen. „Die SP hat sich auf tiefem Niveau nur ganz leicht steigern können. Das ist sehr enttäuschend“, gibt er wenigstens zu. Dass das Resultat der Kantonsratswahlen trotz des halben Prozentpünktchens einer Abstrafung gleichkommt – davon ist nichts zu spüren. Nein, die SP ist auf gutem Weg.
Davon ist auch der neue Parteipräsident Christian Levrat überzeugt. Der Gewerkschafter, von dem sich die Genossen neuen Schwung erhoffen, jubelt: „Allein gegen alle bürgerlichen Parteien und gegen die Finanzübermacht der Economiesuisse haben wir am 24. Februar beinahe das Referendum gegen die Unternehmenssteuerreform gewonnen.“ Knapp vorbei ist auch daneben, ein schöner Spruch, dessen Bedeutung Levrat nicht zu kennen scheint. Vielleicht schwingt da aber schon etwas Resignation mit: Gewinnen können wir eh vergessen, deuten wir aber „fast gewonnen“ zu „Sieg“ um, müssen wir aber wenigstens nicht heulen. Autosuggestion nennt man das.
Daneben: Ein Bericht über die Niederlage in St.Gallen. „Mit einem lebendigen Wahlkampf hat die SP des Kantons St.Gallen gezeigt, wo ihre Politischen Inhalte „Klar besser“ sind. Trotzdem setzte es bei den Kantonsratswahlen eine herbe Niederlage ab“, so beginnt der Lead des Berichts („Klar besser“ war der Wahlkampfslogan der Partei). Im zweitletzten Absatz wird ein weiteres chronisches Sozialdemokratisches Leiden zumindest zwischen den Zeilen zur Sprache gebracht. „Nach Selbsteinschätzung hat man alles richtig gemacht. Bleibt die Frage, was zu tun bleibt. Manche sprechen von Auswandern und glauben sich im falschen Kanton.“ Die Selbsteinschätzung ist eben nicht immer ein guter Massstab, bei Parlamentswahlen sowieso nicht: Da heisst der Massstab nun mal Wählerstimmen.
Dass die SP aber auf dem falschen Dampfer sein könnte, sprich eben nicht „klar besser“ ist, das kommt den Genossen nicht in den Sinn. Nein, sie hätten lieber ein anderes Volk, in einem anderen Kanton. Das wird ihnen nichts nützen. Den Nationalratswahlen nach zu urteilen, ist die Partei überall im falschen Kanton. Als nächstes ist der Thurgau an der Reihe. Die grosse frage ist, wie viel die SP verlieren darf, dass Präsident Peter Gubser seine Frauen und Mannen am Sonntagabend doch noch zu Siegern erklärt.
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1 Kommentar:
„Nach Selbsteinschätzung hat man alles richtig gemacht. Bleibt die Frage, was zu tun bleibt. Manche sprechen von Auswandern und glauben sich im falschen Kanton.“
Dieses Zitat sagt ja echt alles aus. Hr Blogger, grossartiger Eintrag.
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